Selbstdarstellung

Viele Menschen haben heute eine Sehnsucht nach Sinn und Spiritualität. Zugleich gibt es stärker denn je ein Bedürfnis nach unbedingter Freiheit.

Wie entstand die Christengemeinschaft?

Nach dem ersten Weltkrieg suchte eine Gruppe vorwiegend junger Studenten und Theologen nach neuen Formen des christlichen Lebens. Sie vermissten einerseits religiöse Tiefe und Spiritualität, andererseits die Freiheit des Einzelnen in seiner Beziehung zu Gott. In der Anthroposophie Rudolf Steiners entdeckten sie einen Weg, das Christentum neu zu verstehen und dem religiösen Leben neuen Inhalt zu geben. Mit seiner Hilfe gründeten die 45 Persönlichkeiten 1922 selbstständig die Christengemeinschaft.
1941 wurde sie unter den Nationalsozialisten in Deutschland verboten, lebte aber im Verborgenen weiter, bis sie nach 1945 in der Öffentlichkeit neu beginnen konnte. Seither ist die Christengemeinschaft gewachsen. Sie betreibt keine Missionierung, sondern geht überall dorthin, wohin sie gerufen wird. Gemeinden gibt es heute in den meisten Ländern Europas, in Nord- und Südamerika, in Australien, Japan und im südlichen Afrika.

Rituale –
Form und Freiheit in einem

Alle Gottesdienste werden in kultischer, ritueller Form gehalten: es werden Gewänder getragen, Worte und Abläufe sind klar geordnet vorgegeben. Das ist keine starre Einengung, sondern es hat einen einfachen Grund:
Will sich ein Mensch als geistiges Wesen auf der Erde frei entfalten, so braucht er einen geeigneten Leib, der nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten geordnet und geformt ist. Die religiösen Feiern der Christengemeinschaft haben den Sinn, dem geistigen Wesen Christus eine Möglichkeit zu schaffen, auf der Erde gegenwärtig zu sein. Auch hier braucht es geeignete Formen, damit er unter uns leben und in Freiheit für uns erlebbar werden kann.

Lehrfreiheit und Glaubensfreiheit

Neben der klaren kultischen Form gilt in der Lehre vollständige Freiheit. Für den Priester ist sie sinnvollerweise insoweit beschränkt, als er nicht dem Wortlaut der Rituale – also seinem eigenen Handeln – widersprechen darf.
Jeder Mensch in der Gemeinde darf sich durch eigene Erkenntnis und eigene Erfahrung seinen Glauben selbst erarbeiten. Das Ablegen des Glaubensbekenntnisses, das im Gottesdienst nur der Priester spricht, wird selbst bei der Mitgliedsaufnahme nicht gefordert. Es gibt keine spezifische Sonderlehre. Es ist aber möglich und erwünscht, eigene Gedanken zu äußern, auch wenn sie nicht einer traditionellen theologischen Lehrmeinung entsprechen.

Sakramente –
Schritte menschlicher Entwicklung

In der Christengemeinschaft gibt es sieben Sakramente, die die menschliche Entwicklung begleiten. Mehr zu den Sakramenten.

Das Evangelium

Einen besonderen Stellenwert hat das Evangelium. Neben den Ritualen ist es die zentrale Quelle für das Leben der Christengemeinschaft. Dabei ist es ein Anliegen, den Inhalt nicht nur theoretisch zu verstehen, sondern zu dieser „Engel-Botschaft“ (griechisch: „Eu-Angelion“) eine lebendige Beziehung aufzubauen.

Seelsorge

Auch ganz persönliche Fragen können mit einem Pfarrer besprochen werden. Jede denkbare menschliche Angelegenheit hat eine geistige Dimension, eine Innenseite. Gerade wenn man mit äußeren Methoden in einer Frage nicht weiter kommt, kann es sinnvoll sein, dieser Innenseite nachzugehen. Auf diese Weise kann man zum eigenen Schicksal ein eigenständiges, kreatives Verhältnis entwickeln und dadurch im Leben handlungsfähiger werden. Durch die Beichte* kann dieser Vorgang noch vertieft werden.

Mitgliedschaft

Die Teilnahme am Leben der Christengemeinschaft steht jedem offen, unabhängig von einer Mitgliedschaft. Wer durch einen Priester als Mitglied aufgenommen werden möchte, bekennt sich damit aktiv zu diesem Leben. Mitgliedschaft ist also kein formaler Akt, sondern entsteht durch das Leben mit den Sakramenten und das bewusste Bekenntnis dazu.
Mit der Taufe wird ein Kind nicht Mitglied. Es wird von der Gemeinde empfangen und kann sich als Erwachsener frei entscheiden, ob es selbst Mitglied werden möchte.

Hierarchie

Die göttlichen Wesen, wie sie in der Bibel genannt werden (Engel, Erzengel u.s.w.), stehen in einer „Hierarchie“ (griechisch: „heilige Ordnung“) zueinander. Dadurch können sie geistig zusammenwirken. Eine Gemeinschaft, die aus den Kräften dieser göttlichen Welt arbeiten will, braucht auch eine Ordnung, damit sich im Zusammenwirken Sakramente ereignen können.
Innerhalb dieser Ordnung trägt jeder Priester Bewusstsein und Verantwortung für seine Gemeinde vor Ort, einige Priester jeweils für mehrere Gemeinden (die „Lenker“), wenige für die gesamte Christengemeinschaft (drei „Oberlenker“, von denen einer der „Erzoberlenker“ ist). Mit der Übernahme solcher Ämter wächst die Verantwortung, nicht aber das Ansehen, die Macht oder der wirtschaftliche Status eines Priesters.
Alle Priester sprechen den Lenkern und Oberlenkern die Aufgabe zu, sie an einen Arbeitsort zu entsenden. Dadurch kann vor den Menschen und der göttlichen Welt gewährleistet werden, dass in allen Gemeinden die Sakramente kontinuierlich gefeiert werden können.
Priesterinnen und Priester empfangen ihre Weihe stehend. Sie sollen sich nicht einer Institution unterordnen, sondern sich aus eigener, wacher Verantwortung in ihre Aufgabe stellen. Selbstverständlich dürfen sie heiraten.

Ausbildung

Von Anfang an hat die Christengemeinschaft ihre eigene Priesterausbildung aufgebaut. Sie umfasst ein breites Spektrum an theologischen, künstlerischen, naturwissenschaftlichen, philosophischen, geisteswissenschaftlichen und menschenkundlichen Kursen und Praktika. Weltweit kann man an drei Seminaren studieren: in Chicago (USA), Hamburg und Stuttgart, außerdem am Proseminar in Köln.

Finanzen

Die Christengemeinschaft trägt sich ausschließlich durch freiwillige Beiträge und Spenden ihrer Mitglieder und Freunde. Sie verzichtet bewusst auf ihr Recht in Deutschland, Kirchensteuern über den Staat zu erheben. Es gibt Mitglieder, die finanziell nur weniges beitragen können, während andere durch größere Spenden helfen, das Ganze zu ermöglichen. Der Beitrag richtet sich nach dem eigenem Ermessen und der Einsicht in die Notwendigkeiten.